Die „Coco de Mer“ ist nicht nur eine biologische Sensation und das bekannteste Souvenir der Seychellen, sondern auch eine der schönsten und majestätischsten Pflanzen, die es auf der Erde gibt. Ihre Heimat liegt auf den kleinen Nachbarinseln von Mahé, Praslin und Curieuse. Bei der Meereskokosnuss handelt es sich um eine hohe, schlanke Palme mit einem extrem geraden und glatten Stamm, riesigen fächerförmigen Blättern und großen, schweren, herzförmigen Nüssen. Von diesem Baum gibt es männliche und weibliche Exemplare, die meist nebeneinander stehen. Die männlichen Bäume sind etwa fünf Meter höher als die weiblichen. Kurioserweise hat die männliche Palme ihre Pollen in einem Organ, das einem riesigen Phallus ähnelt, während die Frucht, die man an den weiblichen Bäumen findet, auch ohne viel Phantasie einem weiblichen Becken gleicht. Auf den Seychellen geht daher die Legende um, dass die Coco de Mer-Palmen sich in stürmischen Nächten vereinigten und so die Kinder und die neuen Kokosnüsse gezeugt würden. Wenn es ein Mensch wage, diese Begegnungen der Palmen zu beobachten, so müsse er sterben. Die wissenschaftliche Wahrheit der Vermehrung sieht etwas anders aus: Die Pollen der männlichen Palme werden durch den Wind zum weiblichen Baum hinübergetragen.

Die daraus entstehenden Früchte sind wie ein großes grünes Herz geformt. Sie wiegen 15–20 kg. Die größte bisher gefundene Meereskokosnuss war über 60cm lang und wog sogar gute 23 kg. Damit ist die „Coco de Mer“ der größte auf der Erde existierende Pflanzensamen. In reifem Zustand hat sie einen angenehmen, intensiv fruchtigen Geruch. Normalerweise entwickeln sich zwei bis drei dieser Nüsse an einem Fruchtstand, es gibt jedoch Einzelfälle, wo bis zu zehn Früchte gefunden werden, so dass ein Fruchtstand um 200 kg wiegen kann. Jede Palme produziert drei bis vier solcher Bündel pro Jahr. Das Fleisch der „Coco de Mer“ ähnelt dem einer normalen Kokosnuss, hat jedoch einen fruchtigeren und intensiveren Geschmack. Im Inneren enthält die Nuss ein süßes, weiches Gelee, als Nachtisch eine Delikatesse. Im reifen Zustand ist der Kern elfenbeinähnlich und nussig; er soll Potenzsteigernd wirken.

Die Entstehung einer Palme ist ein faszinierender Prozess. Eine Nuss, die auf die Erde fällt, bleibt zunächst monatelang liegen, ohne dass äußerlich irgend etwas geschieht. Dann beginnt die dünne Außenhaut der Frucht zu verwittern und zu zerfallen, und danach bricht in der Mitte ein grüner Sprössling heraus, in dem an der leicht verdickten Spitze der Samen verborgen ist. Der Sprössling wächst aus der Nuss heraus und an der Erdoberfläche entlang aus dem Schatten der Mutterpflanze heraus. Dabei sucht er sich eine Stelle, an der die Erde weich ist und Licht einfällt. Wenn der Boden rund um die Mutterpflanze hart und schattig ist, kann der aus der Nuss herauswachsende Spross eine Länge von bis zu 4 m erreichen. An einer geeigneten Stelle dringt er 60 cm in die Erde ein und beginnt dann wieder an die Oberfläche hinaufzuwachsen. Ein sehr harter Schild an der Spitze dieses Sprosses ermöglicht es ihm, bis an die Oberfläche durchzustoßen, um oberhalb noch etwa 50 cm weiterzuwachsen. In der Zwischenzeit sind zwölf Monate vergangen, seit die Nuss vom Baum gefallen ist. Der Spross ernährt sich bisher noch ausschließlich von den Nährstoffen, die in der ursprünglichen Frucht enthalten sind. Dies bleibt auch noch weitere zwei Jahre so, erst dann zerfällt die Nuss, und die junge Palme fängt an, Wurzeln zu schlagen, um sich selbst aus der Erde zu versorgen.
Ebenso langsam wie diese Geburt der Kokosnüsse ist auch ihr späteres Wachstum. Es dauert schon 25 Jahre, bis der Baum erstmals Früchte tragen kann. Nach etwa 100 Jahren erreicht er seine volle Höhe von 30–40 m. Man nimmt an, dass die höchste Palme, die in Praslin gefunden wurde, ein Alter von über 800 Jahren aufweist.

Bis heute ist nicht bekannt, warum sich die Meereskokosnuss lediglich auf Praslin und Curieuse findet. Veränderte Umweltbedingungen haben sie wohl auf den Nachbarinseln und insbesondere auf den Kontinenten verdrängt. In den späteren Jahrtausenden blieb sie dann auf die beiden Inseln beschränkt, und es gelang ihr nicht, sich wieder weltweit zu verbreiten, wie es etwa ihre kleine Schwester, die Kokospalme, schaffte. Grund hierfür ist wohl das spezifische Gewicht der reifen Frucht, das weit über dem des Meerwassers liegt. Sollte eine reife Frucht ins Meer fallen und abgetrieben werden, so würde sie sofort versinken. Im Gegensatz dazu schwimmt die normale Kokosnuss an der Oberfläche und wird vom Wind weitergetrieben. Ein zweiter Grund dafür, dass die Weiterverbreitung auf dem Seeweg unmöglich ist, ist die Zweigeschlechtlichkeit der Bäume. Falls ein Samen das Ufer einer anderen Insel oder eines anderen Kontinents erreichen sollte, kann er nicht befruchtet werden, da hierzu wieder eine andersgeschlechtliche Palme erforderlich wäre. Wie ist nun zu erklären, dass Meereskokosnüsse in früheren Jahrhunderten häufig an den Ufern Indiens, der Malediven und Ostafrikas angeschwemmt wurden? Wenn die Nuss noch nicht reif ist, liegt ihr spezifisches Gewicht unter dem des Wassers, und sie kann aufgrund ihrer widerstandsfähigen Oberfläche über Tausende von Kilometern an der Meeresoberfläche treiben. Am Uferangelangt, kann jedoch kein neuer Baum aus ihr entstehen, da sie nicht zur vollen Reife gelangt war. Dennoch müssen es sehr eindrucksvolle Exemplare gewesen sein, die an fremden Küsten gefunden wurden, denn schon damals haben sie die Phantasie angeregt. In Japan soll die Frucht als heilig gegolten haben, auf den Malediven mussten alle Nüsse, die man an den Küsten fand, beim Sultan abgegeben werden. Auf Zuwiderhandlung gegen diesen Befehl stand die Todesstrafe, die auf Abhacken beider Hände reduziert werden konnte. Nach Europa gelangte die Meereskokosnuss erstmals mit portugiesischen Seefahrern, die von ihren Reisen nach Indien, Ceylon und Indonesien zurückkehrten. Es wird berichtet, dass Rudolf II. von Habsburg für jede gefundene Nuss 4000 Goldflorin bot. Portugiesische Seefahrer berichteten noch im 16. Jahrhundert, dass die Frucht, die an den Küsten Indiens gefunden wurde, eine hervorragende Medizin enthalte. Sie sei wirksam gegen alle Vergiftungen und Koliken. Der holländische Seefahrer van Lischoten schrieb 1610, dass der Sultan der Malediven die wertvollen Nüsse aufbewahrte, um sie Herrschern anderer Länder bei besonderen Anlässen zum Geschenk machen zu können. Der holländische Arzt Augerius Klutius hat in einem medizinischen Werk von 1634 alleine 57 Seiten der Heilkraft der Meereskokosnuss gewidmet.

An praktischem Nutzen hat die Meereskokosnuss den Menschen auf Praslin und Curieuse bei weitem nicht so viel gebracht wie die Kokospalme. Einige Verwendungsmöglichkeiten verdienen aber erwähnt zu werden. Frauen benutzten die ausgehöhlte Schale früher, um damit Reis und Zucker abzumessen und aus den Säcken herauszuschöpfen (›Vaisselle de Praslin‹). In den Zuckerraffinerien kratzte man damit den Zucker aus den Zentrifugen heraus. Das Holz des Stammes wird bis heute als Rohstoff für Möbel und den Hausbau benutzt. Es hat eine schöne hellbraune Farbe und schwarze, ebenholzartige Flecken. Wenn es dem Regen ausgesetzt ist, soll es allerdings relativ schnell verrotten.

Die riesigen Blätter der „Coco de Mer“ wurden früher als Dachabdeckung genutzt. Heute verwenden Hotels diese Blätter zur Innendekoration der Zimmer und Bungalows. Vereinzelt werden daraus auch attraktive Körbe, Matten und Hüte hergestellt. Der harte Nusskern der reifen Frucht ist zu holzig, als dass man ihn essen könnte. Lediglich die Pflanzenheilkundigen nutzen diesen harten Kern, um verschiedene Medikamente daraus herzustellen. Bis Anfang der 1980er Jahre exportierten die Seychellen etwa 100 Nüsse pro Jahr nach Indien, wo sie geöffnet und zur Herstellung von Medikamenten für die indische Naturheilkunde verwendet wurden. Inzwischen wurde der Export der Nuss jedoch endgültig eingestellt, und man hat die Zahl der Nüsse, die pro Jahr verkauft werden dürfen, gesetzlich limitiert. Cirka 1.000 Stück werden jährlich – je nach Größe und Art der Bearbeitung – zu Preisen zwischen 200 – 800 Euro als Andenken an Touristen verkauft.